Welches Kind wünscht sich das nicht manchmal: In ein Land segeln können, wo nur wilde Kerle wohnen, alle Wildheit und Wut mit ihnen auszuleben, um dann wieder zum warmen Essen nach Hause zurückkehren zu können „Wo die wilden Kerle wohnen“ von Maurice Sendak ist eine großartige, poetische, Kindern angemessene Form der klassischen Katharsis, die von den 1970er Jahren bis heute geradezu modellhaft von „negativer Energie“ befreit. Auch „Der kleine Nick“, in den 1960er Jahren von Goscinny&Sempé erfunden, ist kein Engel: Er und seine ganze Klasse legen die Lehrer rein, ärgern den Klassenprimus und finden es herrlich, zu toben, sich zu prügeln und gemein zu sein. Vielleicht ist diese Realsatire bis heute so aktuell, weil die Erwachsenen sich darin keineswegs besser betragen als die Kinder. Die biedermeierlichen Dorfidyllen schließlich, mit denen Tomi Ungerer „Das große Liederbuch“ mit 200 Volks- und Kinderliedern vom 14. bis zum 20. Jhd. bebildert hat, enthalten die nötige Prise Witz und Frechheit, um nicht in Kitsch abzugleiten und sind dennoch zeitlos schön. svs